Der „schlafende Riese der Energiewende“

Muss das denn jetzt auch noch sein? Das werden viele gedacht haben, als sie von den Plänen des Bundeswirtschaftsministers gehört haben, ab dem Jahr 2024 nur noch neue Heizungen zu akzeptieren, die eine Anteil von 65% Erneuerbare Energien haben. Müssen jetzt auch noch die Heizungen grundlegend geändert werden, wo sich doch scheinbar schon alles andere auch im Umbruch befindet? Die Antwort lautet: Leider ja, wenn wir das mit dem Klimaschutz ernst nehmen wollen.
Ein großer Teil unseres Energieverbrauchs, etwa ein Drittel, dient dem Heizen von Gebäuden. Das geschieht bis jetzt weitgehend auf der Basis von Öl und Gas, also Energieträgern mit einem mehr oder weniger hohen CO2-Ausstoss. Deswegen gilt die Wärme schon lange als der „schlafende Riese der Energiewende“. Daran hat sich auch in den letzten zehn Jahren nicht allzu viel geändert, auch deswegen, weil die Bundesregierung um das Thema einen Bogen gemacht hat. So kann es allerdings ganz sicher nicht weitergehen, wenn das mit der Klimaneutralität gelingen soll.
Insofern verdient das Ziel von Robert Habeck, auch die Gebäudewirtschaft in den Klimaschutz einzubeziehen, aus meiner Sicht in jedem Fall Zustimmung. Ob das auch für das Konzept aus seinem Ministerium gilt, steht auf einem anderen Blatt. Es geht nun einmal um ganz verschiedene Sachverhalte.
Da sind zum Beispiel Ein- oder Zweifamilienhäuser, für die in vielen Fällen eine Kombination von Wärmepumpen, Fotovoltaikplatten auf dem Dach, eine Dämmung oder anderen Maßnahmen in Betracht kommen. Aber unkompliziert ist das leider nicht und eine kompetente Beratung fast immer notwendig. Und deutlich mehr Geld kostet eine solche Gewsamtlösung für ein Haus auch, allemal deutlich mehr als der Einbau einer Gas- oder Ölheizung. Wer jetzt neu bauen oder sanieren will, müsste in vielen Fällen neu planen und rechnen. In vielen Fällen sind die Eigentümer von Ein- oder Zweifamilienhäusern ältere Menschen, für die ein solches Vorhaben schwer zu bewältigen sein wird. Und schließlich sind viele dieser Eigentümer auch keineswegs reiche Menschen. Sie werden sich fragen, wie sie das alles eigentlich zahlen sollen. Klare Antworten gibt es darauf bis jetzt nicht.
Bei den Mehrfamilienhäusern, gerade in Ballungsräumen, wird es vielfach um etwas ganz anderes gehen. Wäre eine zentrale Energieversorgung für einen Stadtteil oder eine Siedlung durch Fernwärme nicht viel besser – ökonomisch und ökologisch? Theoretisch bestimmt, aber bevor der Beweis angetreten werden kann, müssen viele andere Voraussetzungen stimmen. Einfach sind solche Vorhaben jedenfalls auch nicht und es kann dauern bis zum Beispiel endlich das örtliche Stadtwerk entsprechende Anschlüsse gelegt hat.
Und unabhängig davon – eine Umsetzung in wenigen Monaten ist aus Sicht der allermeisten Akteure auch bei bestem Willen nicht möglich.
Das spricht dafür, an dem Vorhaben grundsätzlich festzuhalten, aber das weitere Vorgehen erst noch einmal sehr genau mit wichtigen Partner abzustimmen – der Gebäudewirtschaft und der Bauwirtschaft, der Energiewirtschaft, den Ländern, Kommunen und anderen. Dieses Thema ist zu wichtig, als das es sich in einer Vielzahl nicht geklärter Fragen verheddern darf.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.